Mord, Krieg, Terror: Stehen Sie auf der richtigen Seite?
YouTube, 13.09.2025: Expertise von Prof. Dr. Christian Rieck. Um zu entscheiden, ob man auf der „richtigen“ Seite steht, gibt es zwei Kriterien, ein formales und ein inhaltliches. Formal: Ist die eigene Position konsistent oder willkürlich? Inhaltlich: werden rote Linien der Menschlichkeit überschritten? Wer Kriegsterror oder Mord gutheisst, steht nicht auf der guten Seite.
Die spieltheoretische Analyse moralischer Positionen reduziert sich auf die Bewertung strategischer Konsistenz. Rationalität verlangt, dass Verhaltensregeln universell formuliert werden müssen. Übertragen auf ethische Systeme bedeutet dies: Eine moralische Position ist nur dann strategisch kohärent, wenn ihre zugrundeliegenden Prinzipien verallgemeinerbar sind, ohne in widersprüchliches Verhalten zu münden.
Kants kategorischer Imperativ findet hier seine spieltheoretische Entsprechung. Eine Maxime, die nicht verallgemeinerbar ist, erzeugt notwendigerweise instabile strategische Situationen. Der Fall der „drei Fliegen“ in Indien demonstriert dies exemplarisch: Würde die gleiche Hygienenorm konsistent angewendet, führte dies zum Kollaps des Restaurantgewerbes – ein offensichtlich unerwünschter Zustand. Willkürliche Anwendung von Regeln zerstört die Vorhersehbarkeit, die essentielle Voraussetzung für jedes strategisches Gleichgewicht ist.
Jenseits formaler Konsistenz existieren jedoch nicht-verhandelbare Prinzipien. Verbrechen gegen die Menschlichkeit – operationalisiert durch Entmenschlichung und systematische Gewalt – stellen strategische Handlungen dar, die spielexogen sind und diess überhaupt erst definieren. Sie verletzen die minimalen Voraussetzungen für strategische Interaktion, nämlich die Anerkennung des Gegenübers als rationalen Akteur. Banduras Theorie des moralischen Disengagements beschreibt den Mechanismus, wie Akteure ihre eigenen kognitiven Constraints umgehen, um solche Handlungen möglich zu machen.
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